Schatz das kann doch nicht... - Barbara Kaul

Barbara Kaul - Malerei, Zeichnungen, Plastiken, Literatur
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Schatz das kann doch nicht...


„Schatz, das kann doch nicht dein Ernst sein! Du willst dir eine Harley Davidson kaufen? Ich sterbe ja tausend Tode, wenn du mit dem Teil unterwegs …“ weiter kam ich nicht, denn Ernst unterbrach mich ziemlich entrüstet: „Doch das ist mein völliger Ernst. Was heißt denn übrigens hier „Teil“? Ich muss schon sagen, dass du von diesen Dingen wirklich keine Ahnung hast. Mit so einem „Teil“ war einst Peter Fonda in „Easy Rider“ unterwegs. Der Film ist eine Legende und Fonda auch. Der Sound einer Harley ist einfach unvergleichlich. Als ich jung war, hatte ich ja schon mal `ne Honda, wie du weißt. Ich finde Motorradfahren einfach einzigartig. Es gab mir immer das Gefühl, überallhin fahren zu können, wo auch immer ich hin wollte. Und dieser Nervenkitzel dabei ist einfach großartig. Schatz, bitte versuch jetzt nicht schon wieder, mir einen großen Wunsch auszureden“.

Ich zurück: „Was würdest du denn sagen, wenn ich vorhätte, mich in Gefahr zu begeben, weil ich einen Nervenkitzel suche?“ Ernst schaute mich erstaunt an und sagte dann: „Du vermeidest doch eher die Gefahr, weil du der vorsichtige Typ bist. Außerdem würde ich Situationen, bei denen dir etwas passieren könnte, ganz einfach nicht zulassen. Dich zu verlieren, könnte ich nicht ertragen“. Mit stiegen jetzt die Tränen in die Augen: „Ernst, aber ich soll ertragen, dich zu verlieren. Ich soll zulassen, dass du dich in Gefahr begibst. Ich will dich auch nicht verlieren! Außerdem kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du dich nicht für deine Familie verantwortlich fühlst“. „Schatz, bitte fang jetzt nicht auch noch an zu weinen. Du weißt, dass ich dann genau das mache, was du willst. Deine Augen, ob sie strahlen oder weinen, haben mich schon immer schwach gemacht“.

Ich nahm Ernst jetzt in die Arme, lächelte und sagte: „Ernst schau mal. Ich habe eine ganz andere, aber auch wirkliche ganz tolle Idee, die nicht gefährlich ist. Wir könnten uns doch eine Vespa kaufen. Ich habe neulich Audrey Hepburn und Gregory Peck in einem alten Film gesehen. „Ein Herz und eine Krone“ hieß er. Er war so herrlich romantisch. Die zwei fuhren sehr verliebt mit dem Motorroller durch Rom.“ Ernst meinte daraufhin: „Sehr romantisch und ungefährlich, aber eben auch ohne Nervenkitzel. Wahrscheinlich war die Vespa auch noch Pastell Farben, vielleicht sogar in Rosa. Schatz ich auf einer rosafarbenen Vespa…“. Ich daraufhin: „Ernst, wieso denn Rosa? Ich habe doch gar nichts von Rosa gesagt! Wahrscheinlich war die Vespa aber Rosa. Der Film war allerdings von 1953 und in Schwarz-Weiß.“

Weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment kam unser Großer in die Küche und sagte: „Mama, ihr wollt eine rosafarbene Vespa kaufen? Also ich kann mir euch beide viel besser in einem knallroten statt rosafarbenen Sportwagen, schön auch als Cabrio vorstellen. Das würde eure jugendliche Ausstrahlung extrem verstärken. Also ich würde das echt geil finden“. Ernst jetzt betont ruhig: „Mein Sohn, dass du das extrem gut finden würdest, weil du das Cabrio bestimmt gern öfter ausleihen würdest, um mit deiner Freundin durch die Gegend zu fahren, das glaube ich gern“. Ich sah, dass Ernsts Blutdruck gestiegen war und mahnte: „Schatz, reg dich doch nicht so auf“. Ärgerlich fuhr er fort: „Ach, ich bin jetzt echt sauer. Da äußere ich einmal einen einzigen Wunsch! Noch einmal möchte ich wenigstens auf dem Motorrad meine Freiheit genießen. Stattdessen soll ich einen Motorroller oder ein Cabrio fahren. Schatz, wenn es nach deinem Kopf ginge, würden wir bestimmt die Vespa auch noch in Rosa kaufen“. Nun wurde ich ärgerlich: „Ernst, was hast du denn bloß immer mit deinem Rosa? Eine Vespa gibt es bestimmt auch in Hellblau“. Zwischen Ernsts Augen zeigte sich jetzt eine steile Falte, die sein Stimmungsbarometer anzeigte und entsprechend war sein Kommentar: „ Hellblau ist genauso schlimm. Beides ist wirklich ein echtes No-Go für mich, ebenso ein Cabrio. Ich will eine Harley. Punktum“.

Unsere Kleine, die bisher nur zugehört hatte, strahlte ihren Vater jetzt an und sagte: „Mami und du, ihr wollt einen Motorroller kaufen? In Rosa? Echt cool. Ich will dann aber auch was Neues. Einen Puppenwagen. Auch in Rosa“.

Jetzt nahm Ernst unsere Kleine schmunzelnd auf den Arm und sagte: „Warum musst du mich denn auch noch um den kleinen Finger wickeln, kleine Maus. Die Mama reicht mir eigentlich schon“. Und an mich gewandt sagte er: „Also o k, wenn ich es mir so recht überlege Schatz wir beide sehr romantisch und gemütlich auf einer Vespa in Rosa, das war eigentlich schon immer mein heimlicher Traum, denn eine Harley gibt es ja leider nicht in Rosa“.


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