Bäckermeister Ernst - Barbara Kaul

Barbara Kaul - Malerei, Zeichnungen, Plastiken, Literatur
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Bäckermeister Ernst



Mein lieber Ernst kam strahlend von seinem Arzttermin nach Hause. „Schatz, mein Doc hat grünes Licht gegeben. Ich darf ab jetzt hin und wieder mal schlemmen und auch ab und zu ein Bierchen trinken. Er war sehr zufrieden mit meinen Blutwerten und hat mich bezüglich meiner konsequent eingehaltenen Diät sehr gelobt. Das muss gleich gefeiert werden. Ich möchte meine Kollegen, engsten Mitarbeiter und natürlich auch dich nach Büroschluss zu einem Umtrunk mit kleinem, rustikalen Buffet einladen. Wäre nett, wenn du fürs Buffet einkaufen könntest. Das Brot werde ich selbst backen. Ich hab mich schon auf youtube schlaugemacht. Das krieg ich hin. Man soll ja schließlich immer dazu lernen. Na ja, vielleicht könntest du ein bisschen helfen?“ „Ernst, na klar. Die guten Blutwerte müssen gefeiert werden. So machen wir´s“. Und so wurde es dann auch eine richtig schöne, kleine "Büroparty". Voller Tatendrang sagte er dann zu mir: „Schatz, wenn du und unsere Kleine mit der Weihnachtsbäckerei startet, bin ich mit dabei. Das mit dem Brotbacken hat so prima geklappt, da werde ich doch wohl auch Plätzchen ausstechen können. Das krieg ich bestimmt hin!“ Ich war mir da allerdings nicht ganz so sicher, behielt meine Skepsis aber für mich. Sein Brotbacken hatte zwar geklappt, aber die Hilfe des Brotbackautomaten und meine Unterstützung waren anscheinend schon wieder vergessen.
 
„Papi, du musst aber auch eine Schürze anziehen, sonst wirst du ganz mehlig“, forderte ihn unsere Kleine auf, als Ernst voller Zuversicht die Küche betrat, um bei der Weihnachtsbäckerei zu helfen. Es wurden zwei „heiße“ Stunden für ihn, denn kleine Tröpfchen waren auf seiner Stirn zu sehen. Der Umgang mit Teig und den Ausstechförmchen schien doch anstrengender zu sein als gedacht. "Na, Bäckermeister Ernst, soll ich dir mal ein Schweißband für deine Stirn bringen?“, kam als Kommentar von unserem Mittleren, der kurz mal in die Küche schaute. Ernst konterte zurück: „Also mein Lieber, würdest du dich am Backen beteiligen, könntest du deiner „Flamme“ selbst gebackene Plätzchen schenken und bei ihr sicherlich punkten. Meine beiden Damen hier lieben jedenfalls einen Self-made-Man und keinen Macho oder?“ Ich nickte, die Kleine sagte: „Papi, was ist ein Matscho?“ „Jemand, der zwar nicht beim Backen hilft, aber die Plätzchen stattdessen ganz alleine aufisst“. „Papi, so einer ist aber blöd. Du bist lieb, hast aber eine ganz Weiße Nase“ und „Papi, du musst beim Teigausrollen mehr Mehl nehmen. Die Mami macht das viel besser als du!“ Ja, das war keine ganz so einfache Situation für meinen lieben Ernst, aber er schlug sich wacker und durchaus souverän. Als ich das letzte Backblech mit Plätzchen in den Bachofen schob, holte er seine Gitarre hervor und sang „In der Weihnachtsbäckerei“ von Rolf Zukowski. Unsere Kleine liebt bei diesem Lied besonders den Schluss, wo es heißt „verbrannt“. Diese Stelle sang sie dann auch besonders laut mit. Ernst musste dieses Lied natürlich mehrfach spielen. Unser Großer entrüstete sich mit dem Satz: „Was qualmt denn hier so?“, als er in die Küche kam, um „nach dem Rechten“ zu schauen, wie er sagte. Ernst hatte mich mal wieder mit seiner Spiel-und- Sangesfreude so angesteckt, dass ich die Plätzchen im Backofen ganz vergessen hatte.

„Mami, die Plätzchen sind ja ganz verbrannt!“, kam es enttäuscht und mir einen vorwurfsvollen Blick zu werfend von unserer Kleinen. Ernst dagegen warf mir einen tröstenden Blick zu und sagte: „Das ist ja nun kein wirkliches Drama. Ich würde vorschlagen, wir machen es uns nach getaner Arbeit mit den vielen, dank meiner Hilfe“, er schmunzelte jetzt, „gelungenen Plätzchen, Kaffee und Kakao erst mal gemütlich. Soll ich vielleicht die „Weihnachtsbäckerei“ noch mal spielen, damit wir dann alle „verbrannt“ so richtig laut singen können?“



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